Der Schweizer Unterstützungsverein:
Seit über 160 Jahre im Dienst von Schweizerinnen und Schweizern in Österreich
Die Schweiz ist heute sicherlich eines der wohlhabendsten Länder der Welt und dennoch ist Armut leider – in welcher Form auch immer - auch unter Schweizer Bürgerinnen und Bürgern weit verbreitet. Daher sind natürlich auch unsere Landsleute im Ausland nicht vor Schicksalsschlägen gefeit.
Dabei war die Schweiz bis ins 19. Jahrhundert hinein durchaus kein reiches Land – im Gegenteil, sie zählte über Jahrhunderte eher zu den armen Ländern Europas. Erst die industrielle Revolution, die die unwirtliche Berglandschaft der Schweiz erschließbar machte, sowie der glückliche Umstand, von den beiden Weltkriegen nur peripher betroffen zu sein, ermöglichte den schrittweisen wirtschaftlichen Aufstieg der Schweiz.
Heute ist es fast in Vergessenheit geraten, dass die Schweiz bis zum Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund der weitverbreiteten Armut, ein klassisches Auswandererland war. Zunächst betraf das aber nur die militärische Auswanderung. Schweizer Söldner waren, so tragisch das heute klingen mag, europaweit hochbegehrt und für viele Eidgenossen die einzige Möglichkeit der Erwerbstätigkeit. Erst ab dem 19. Jahrhundert gewann auch die Auswanderung anderer Berufsgruppen an Bedeutung. Der Radius dieser Auswanderer wurde auf Übersee Destinationen ausgeweitet, da diese Länder als sicher galten. Aber auch in nahgelegene Länder - wie z.B. Österreich – wanderten die Schweizerinnen und Schweizer gerne aus.
Jahrhundertlange Not und Armut, gepaart mit konfessionellen Überzeugungen (Calvinismus) sowie der Schweizer Mentalität, haben - gemessen an kontinentaleuropäischen Dimensionen - eine einzigartige Betonung der Eigenverantwortung für das eigene Fortkommen eines jeden Eidgenossen hervorgebracht. Die Zivilgesellschaft begegnete daher Schicksalsschlägen mit einer großen Solidarität.
Vor diesem Hintergrund etablierte sich bereits im Jahr 1859 in Österreich der Schweizer Unterstützungsverein als älteste Vereinigung von Schweizern in diesem Land.
Der Schweizer Unterstützungsverein war dabei von Anfang an eng mit der diplomatischen Vertretung der Eidgenossenschaft in Wien verbunden. Über lange Jahre war der Botschafter (bzw. der Gesandte, wie es früher hieß), der Präsident des Vereines. In den letzten Jahrzehnten wurde diese Funktion jedoch von Freiwilligen übernommen. Über weite Strecken (insbesondere während der Weltwirtschaftskrise in der Zwischenkriegszeit) war der Verein de facto eine Auszahlungsstelle von Unterstützungszahlungen der Kantone an bedürftige Schweizer Landsleute in Österreich. Seit vielen Jahren finanziert sich der Verein jedoch praktisch ausschließlich durch die Beiträge der derzeit rund 160 Mitglieder, durch Spenden und Unterstützungszahlungen von Privatpersonen und Unternehmen sowie Legaten vom Verein besonders verbundener Personen. In der heutigen Zeit erhält der Verein jedoch nur noch sehr selten und vereinzelt Unterstützungszahlungen seitens der öffentlichen Hand, da diese verständlicherweise bevorzugt an Vereine in ärmeren Ländern gehen.
Mit den eingenommenen Geldern organisiert der Verein Oster- und Weihnachtsaktionen (Geschenkpakete), direkte Zuwendungen in Form von Darlehen oder auch nicht rückzahlbaren Zuschüssen an notleidende Landsleute, gemeinsame Ausflüge, Beratungen und Vermittlungsdienste in Notsituationen sowie Besuchsdienste. Das materielle Wohl der Betreuten steht dabei mindestens ebenso im Vordergrund wie der soziale Dienst an unseren Konpatrioten.
Dabei finden sich unter den betreuten Personen sämtliche Alters- und Bevölkerungsgruppen:
Das Spektrum geht von jungen alleinerziehenden Müttern ohne Unterhaltszahlungen der entsprechenden Kindes-Väter bis hin zu älteren Personen, die bereits seit Jahrzehnten im Prekariat leben. Eine Rückkehr in die Schweiz kommt dabei in vielen Fällen nicht in Frage, einerseits aufgrund der substantiell höheren Lebenshaltungskosten in der Schweiz, andererseits aufgrund persönlicher Bindungen oder sonstiger finanzieller Umstände. So stellt der Schweizer Unterstützungsverein für zahlreiche in Österreich ‚gestrandete‘ Mitbürgerinnen und Mitbürger eine wichtige mentale und materielle Stütze dar, die besonders in den aktuell schwierigen Zeiten an Bedeutung gewonnen hat.
In den letzten Jahrzehnten hatte die Schweiz und damit auch zahlreiche Schweizer das Glück eines beispiellosen wirtschaftlichen Aufstiegs und Erfolges. Trotzdem ist auch unsere erfolgsverwöhnte Gesellschaft immer wieder mit zahlreichen Fällen konfrontiert, in denen Menschen – verschuldet oder unverschuldet – in Notsituationen geraten. Die globale Zukunft ist derzeit im höchsten Maße ungewiss und auch Europa (und sogar die Schweiz) können nicht selbstverständlich von einer weiterhin positiven Entwicklung ausgehen.
Beispiele wie jenes von Argentinien oder Rumänien, beide gehörten einst zu den reichsten Ländern der Welt, zeigen, dass wirtschaftlicher Aufstieg und Niedergang in immer wiederkehrenden Zyklen erfolgen und somit ganz normal zur Geschichte gehören. Vor diesen Hintergrund stellt sich die Aufgabe und Bedeutung des Schweizer Unterstützungsvereines dringender denn je.